Laufschuhe, Laufschuhe und noch mehr Laufschuhe für 2021
Der große Laufschuhtest 2021
Es ist ein verregneter und sehr kühler Tag Anfang März des Jahres 2021. Wir befinden uns mangels Reiseerlaubnis der politischen und sportlichen Führung in der Landeshauptstadt Erfurt. Genauer gesagt am Drei-Brunnen-Bad, dem ältesten Freibad der Bundesrepublik und in unmittelbarer Nähe zum Luisenpark, dem Steigerwald und den urbanen Asphaltbelägen der umliegenden Stadt. Zweimal pro Jahr testen wir alle Laufschuhe auf Herz und Nieren, die der Gast bei uns im Laufladen Erfurt findet. So haben wir auch heuer im Januar damit begonnen, die Industrie nach ihren besten Modellen zu fragen. Eingeladen haben wir auch einige Exoten um unseren Blick über den Tellerrand zu erweitern. Daher waren wir überrascht, welch massiven Auswirkungen doch dieses Virus auf manche Firmen hat. Während wir hier im bescheidenen Laufladen Erfurt weiterhin jeden Tag unser Bestes geben, uns wöchentlich weiterbilden, eigene Studien machen, andere motivieren und Ansprechpartner für Läufer und Laufeinsteiger sein wollen – kommen manche Hersteller überhaupt nicht auf die Idee etwas gegen Kurzarbeit und staatliche Subvention zu machen. Daher freuen sich Daniel und ich an diesem Donnerstag, den Tag an der frischen Luft und abseits von Medienangst und schlechten Nachrichten zu verbringen.
Getestet haben wir jeweils im Bereich des Luisenparks auf befestigten Parkwegen, asphaltierten Straßen und Fußwegen, abseits von Pfaden im Steiger und über verschlammte und aufgeweichte Wege mit und ohne Pfützen. Einige Modelle durften wir ein paar Tage bis Wochen länger testen, so dass wir sie im regulären Trainingsbetrieb auch bei langen Läufen, Intervallen oder auch ein Trainingswettkampf probiert haben. Einheitlich haben wir jeden Schuh mindestens zwei Tage entweder im Laufladen oder aber zu Hause eingetragen, um ein Gefühl für Passform und Dämpfungselement zu bekommen. Beim Test selbst sind wir in CEP Laufsocken aus Bayreuthunterwegs gewesen, um das Risiko eines Fersenschlupfes o. ä. auszuschließen.
Am Ende des Tages sind es 42 verschiedene Varianten an Laufschuhen, 30 gelaufene Kilometer, 10 Stück Bananenkuchen, 6 geteilte Bananen, 3 Liter ungesüßter Gute-Laune-Tee, 3 PowerBar Gels und 2 große Pizzen der Pizzaschmiede – die mit einigem Schweiß erarbeitet wurden. Folgende Firmen haben wir genauer unter die Lupe genommen: La Sportiva, Dynafit, Diadora, On, 361°, Adidas, Asics, New Balance, Hoka, Saucony und Brooks.
La Sportiva Laufschuhe
Beginnen wollen wir gleich mit den Exoten von La Sportiva und Dynafit. Daniel und mir sind beide Hersteller bekannt aus dem Bereich unserer alpinen Unternehmungen. Zustiegsschuhe, Trail Running Gurus mit typisch italienischen Leisten und wirklich beeindruckenden Geschichten aus dem Höhenbergsteigen, Skitouren Weltcups und der Todeszone im Himalaya. Beide Firmen wollen mit ihren Laufschuhen auch gerne zu uns auf die Fläche und wir sind bereit, sie zu testen.
La Sportiva Jackal
Der erste Schuh des Tages. Uns fällt sofort die sehr schmale Passform, vor allem im Vorfuß auf. Typisch italienisch und gewohnt von La Sportiva. Laufen tut sich der Jackal hart und direkt auf 7mm Sprengung. Wir spüren beide ein bisschen Druck auf den Ferse da die Fersenkappe sehr hochgezogen anmutet. Wir denken uns, dass der Schuh definitiv länger eingetragen werden muss. Für lange bis sehr lange Strecken hat er vermutlich zu wenig Dämpfung. Geeignet ist er aber mit Sicherheit für alles südlich von München. In unseren Gefilden hält der Jackal genau so auf Wurzeln wie auch auf Stein und schmierigen Wegen. Was uns fehlt, ist schlichtweg der Komfort.
La Sportiva Bushido II
Die bessere, weil angenehmere Passform des Bushido II fällt sofort ins Auge oder besser in den Fuß. Die Zehenbox ist nicht ganz so eng und wirkt dadurch generell breiter. Die Fersenkappe kommt mit deutlich weniger Druck aus. Eigentlich fühlt er sich total bequem an. Trotz 6mm Sprengung steht man flacher und direkter am Boden. Vorstellen können wir uns den Bushido II bei Läufen bis zwei Stunden Dauer. Dann fehlt uns allerdings auch hier der Komfort für die die Etappe Neustadt – Schmiedefeld. Wenn man als Läufer muskulär schlecht aufgestellt ist, dürfte irgendwann die eine oder andere Körperstelle weh tun. Denn der La Sportiva Bushido II übernimmt nichts. Beeindruckend ist die Tatsache, dass selbst offene Schnürsenkel nicht zu einer schlechten Passform führen. Stattdessen schmiegt sich der Schaft wunderbar an den Fuß an. Druck spüren wir zu keiner Zeit und nirgends. Grundsätzlich ist der Bushido II aus unserer Sicht ein guter Schuh und durchaus vergleichbar mit einem Saucony Peregrine.
La Sportiva Lycan II & Akasha
Beide Modelle kommen auf 6mm Sprengung. Der Lycan II ist wieder deutlich schmaler, verfügt aber nicht über das Drücken im Fersenbereich. Auch die Zehen werden hier wieder deutlich eingeengt. Herausragend ist der robuste und harte Gummi der Außensohle. Er vermittelt Läufern das Gefühl, dass sie auch am Ende des Tages genügend Vertrauen in die Griffigkeit des Schuhes haben dürfen. Generell empfinden wir die Haptik als sehr hochwertig. Sowohl das Mesh im Obermaterial als auch der Zehenschutz sind doppelt genäht. Leider ist auf der Laufrunde der Fersenschlupf deutlich spürbar und das leider auch nach dem Nachschnüren. Der Akasha ist der bis dato angenehmste Vertreter von La Sportiva. Nicht zu schmal und auch die Ferse hält ohne Murren und ohne Schlupf. Der Vorfuß hat genügend Spiel. Anziehen und loslaufen lautet die Devise. Auch hier vermissen wir auf den ersten Kilometern den gewohnten Dämpfungskomfort von Saucony, Brooks & NewBalance. Für den (alpinen) Berg ist das, was wir gerade laufen aber vollkommen ausreichend. Die Gummi Mischung scheint etwas weicher zu sein. Kleine und grobe Steine merkt man zwar, aber das darf auf dem Weg zur Karwendelspitze auch schon sein. Uns fällt auf, dass die Testschuhe im Außenbereich der Ferse (lateral) deutlich abgelaufen sind. Entweder haben die Testschuhe schon deutlich Kilometer auf dem Buckel oder es liegt am Gummi. Grundsätzlich gefällt uns der Akasha gut.
La Sportiva Mutant
Die Handschuhe mussten wir schon kurz ausziehen, weil im Osten die Sonne empor stieg. Die Medien berichten ja derzeit auch von verschiedenen Mutationen und so schlüpfen wir gleich in den La Sportive Mutant. Gleich mal auf 10mm gebaut finden wir sofort, dass es der bisher schönste Schuh ist. Breite Zehenbox und dadurch ein gutes Gefühl im Vorfuß. Der Mittelfuß ist hingegen schmaler eingefast und fast eng ohne einzuschnüren. Die ganz schmalen Schnürsenkel, garniert mit einer härteren Sohle und einer asymmetrischen Schnürtechnik machen Lust auf eine Ausflug in die Berge. Die Senkel müssen zwar doppelt geschnürt werden, außer man möchte wie Daniel einen Zwangshalt einlegen. Der Schaft um das Sprunggelenk ist höher gezogen und signalisiert dadurch ein höheres Maß an Sicherheit. Der Mutant ist zwar noch kein Stiefel, aber das Gefühl inklusive geschütztem Knöchel ist ohne Zweifel vorhanden. Wer schon einmal durch ein alpines Kar gerannt ist, kann diesen Vorteil nutzen. Der Mutant ist sehr abrollfreudig gestaltet und selbst Daniel hat mit seinen 95kg den Eindruck, immer mit der Fersen aufsetzen zu können. Generell ist der Schuh etwas leichter als die anderen Laufschuhe. Die Griffigkeit ist absolut sicher und dürfte vor allem im Steilgelände extremen Halt versprechen.
Dynafit Laufschuhe
Wer wahrer Trailläufer ist, kommt zwangsläufig mit der Aura großer Alpinsportler wie Bonatti, Kammerlander, Steck, Nimsdai Purja oder auch einem Benedikt Böhm in Berührung. Böhm ist Extrembergsteiger, ehemaliges Gebirgsjäger aus Mittenwald und der Chef von Dynafit. Die Firma ist nicht nur bei der Trailrunning Crew Thüringen aktiv sondern auch Daniel und mir ein Begriff. Bisher lediglich aus dem im Bekleidungs- und Skitourensegment. Daher nutzen wir die heutige Möglichkeit, uns mal die Laufschuhe anzuschauen.
Dynafit Filine SL
Die Waage zeigt zwar nur 290g bei 8mm Sprengung – der Dynafit Filine SL wirkt aber deutlich massiver. Leuchtend gelb schnüren wir ihn an die Füße. Im Gegensatz zu den schmalen Vorgängern von La Sportiva haben wir plötzlich wenig bis gar keine Führung im Mittelfuß – ohne aber schwammig zu sein. Man kommt sich wirklich nicht verloren vor. Dass zusätzliche Maß an Raum ist sogar ganz angenehm. Das Schnell-Schnür- System mit Tasche auf dem Fußrücken erinnert sehr stark an Salomon. Dank der tiefen Temperaturen heute und unseren klammen Fingern wird das Einfädeln sehr herausfordernd. Auf dem Rückweg löst sich dann bei Daniel auch die Schnürung komplett. Die Griffigkeit ist vorhanden. Obwohl der Filine SL mit seinem tiefen Stollenprofil an seine Grenzen gelangt, sobald es etwas schmieriger wird. Vor allem in der Verbindung von der Ferse über Mittelfuß fehlt uns beim Laufen das verbindende und harmonische Element. Es fehlt so ein bisschen die Rückmeldung zwischen Ferse und Mittelfuß. Auffallend ist die deutlich stärker geschützte Zehenbox. Daher sehen wir den Einsatz auch hier vor allem im alpinen und von Geröll durchsetzten Gelände, aber nicht auf den Höhenzügen des Thüringer Mittelgebirges.
Dynafit Ultra 100
Der Dynafit Ultra 100 ist zwar mit 300g nochmals schwerer als der Filine SL – dafür aber mit gerade einmal 6mm Sprengung flacher gebaut. Zu Beginn fällt aber auch hier die Abdeckung der Schnürung auf. Darunter soll der Rest der Schnürsenkel verschwinden, um ein möglichst schlankes Design zu erreichen. Will man den Schuh aber während einer Einheit nachschnüren oder ihn einfach enger ziehen – dann wirkt diese Idee schlichtweg gebrauchsunpraktisch. Ansonsten wirkt der Ultra 100 sehr mächtig. Wir laufen also los auf einer massive Dämpfung, gerade im Innenfußbereich. Anfangs haben wir das Gefühl über eine Mini Blackroll rollen zu müssen und zwar von hinten außen nach mittig vorn. Spontane Assoziationen zur Verschiebung des Dämpfungsmaterials entstehen ohne tatsächlich etwas beobachten zu können. Jedenfalls fühlt es sich bei uns beiden etwas einzigartig an. Konzipiert ist der Ultra 100 für überlange Laufabenteuer. Für den Rennsteiglauf oder die nächste Einheit mit der Trail Running Crew würden wir ihn jetzt sicherlich nicht nutzen. Für unsere Speedtransalp im Sommer jedoch denken wir darüber nach. Ein extern aufgesetzter heelprealoader – eine Art Fersenspange bzw. Hufeisen stabilisieren den Fuß nämlich spürbar. Durchdacht scheint uns auch die im Vorfuß verklebte Einlegesohle. Generell sind auch keine Nähte am Außenmaterial zu sehen und die POMOCA Außensohle ist nahezu durchgehend. Dadurch verteilen sich die Hebelkräfte viel besser und der gesamte Dynafit Ultra 100 wirkt grundsätzlich sehr clean von der Verarbeitung. Schwer tun wir uns beide bei der Empfehlung – zumal wir ja noch Speedgoat 4, MoreTrail, Peregrine 11 etc. vor uns haben. Jetzt gibt es aber vor den nächsten Laufschuhen zunächst ganz konservativ ein PowerBar Gel, heißen Tee und sogar ein Stück selbst gebackenen Bananenkuchen.
On Laufschuhe
Weiter gehts mit den Schweizern von On. Wobei die Schuhe mit dem Schweizer Fähnchen ja gar nicht aus der Eidgenossenschaft kommen sondern aus Fernost. Überrascht sind wir von den Testschuhen, denn es sind die gleichen Modelle wie bereits bei den letzten Tests. Als wir vor knapp 10 Jahren mit On begonnen haben, war das Alleinstellungsmerkmal stets das Dämpfungsverhalten der Clouds. Heute positioniert sich die Firma als Apple der Schuhindustrie und verkauft die Runability der Schuhe obwohl es am Markt in puncto Qualität (Reklamationen, Haltbarkeit) und Passform bessere Marktteilnehmer gibt. Wir wechseln also von der Badeschlappe in den Cloudflyer und lassen uns überraschen.
On Cloudflyer
Die aktuelle Ausgabe bleibt weiterhin extrem voluminös, komfortabel und gemütlich. Ein Federbett unter der Fußsohle, welches den geschundenen Fuß sanft umgibt und somit den Rest des Körpers entlastet. Gerade nach den direkten Modellen von La Sportiva ist der Cloudflyer wahrlich eine Erholung. Einziger Kritikpunkt bleibt die Schnürung im Bereich des Fußrückens, denn die schnürt ein wenig ein und erzeugt eine sichtbare Druckstelle. Warum On weiterhin an den dünnsten Schnürbändern der Szene festhält, erschließt sich uns nicht und zeugt eher von einer zunehmenden Verspieltheit als von durchdachter Läuferkenntnis. Das Gefühl für Komfort ist im Fersenbereich am stärksten und wird wird über den Mittelfuß nach vorn immer weniger. Es gibt viel Platz im Schuh.
On Cloudsurfer
Der Cloudsurfer kommt in der gleichen Edition wie unsere Testschuhe aus der 2019er Version. Der klassische Trainings-Wettkampf-Schuh ist eine Ergänzung zum bestehenden Trainingsschuh. Dynamisch, direkt und ohne Kompromisse bei Fehlstellungen. Im Schuh rutscht nichts und nur abseits von Asphalt und Parkwegen wird es gefährlich für Steinchensammler. Starke Fersenläufer dürften auch weiterhin die fehlende Unterstützung merken und ab einem Körpergewicht von 85-95kg kommen auch die Clouds an ihre Grenzen.
On Cloudventure
In Dortmund waren wir 2019 noch begeistert von der Verbesserung des Schuhes. Inzwischen haben andere Hersteller aufgeholt und jetzt On auch überholt. Der Sockliner im Innenbereich löst sich leider schon beim Anziehen. Beim Laufen später durch den Steiger schlappt aber nichts. Nach 17 gelaufenen Kilometern wirkt der On Cloudventure sehr hart, starr und auch deutlich steifer, unflexibler als der Dynafit Ultra 100. Neben dem klassischen OCR Lauf dürfte das Einsatzgebiet in regionalen Gefilden lediglich nach starken Monsun Niederschlägen im Steiger zu finden sein. Für das alpine Metier halten wir das Obermaterial mangels Zehenschutz weiterhin für nicht robust genug. Der aktuelle On Cloudventure ist okay, aber eine Weiterentwicklung wäre sicherlich gut für den Schuh. Gerade im Vergleich zu allen anderen Schuhen der Trailkategorie gibt es komfortablere Alternativen. Und es ist tatsächlich wie bei Apple Produkten. Wem die Werbung suggeriert hat, dass er als Läufer unbedingt einen On haben will, der bekommt mit dem On Cloudventure auch ein Exemplar.
Cloudflow
Deutlich dynamischer läuft sich jetzt im prallen Mittagsregen der On Cloudflow. Der Wunderschaum Helion ist auf einem verstärkten Vorfuß gebaut. Uns kommt er diesmal nicht zu weich vor und lädt zum entspannten Lauf ein. Wichtig ist aber folgender Punkt. Der Schuh übernimmt nach wie vor keinerlei Verantwortung. Der Läufer muss praktisch alles mitbringen, was einen guten Laufstil ausmacht: Führung, Stabilität, Stütze und Dämpfung. Nach knapp 19km in den Beinen sehnen wir uns jetzt nicht nur nach einem wärmenden Kaffee sondern auch nach diesen Attributen. Unser Körper will also eigentlich Komfort. Vorstellen können wir uns den Cloudflow aber als wunderbares Werkzeug für Lauftechnik-Einheiten, zum Ein- oder Auslaufen bzw. als modisches Accessoire zur Aprés Run Veranstaltung. Maßgeblich sind die 6mm Sprengung für Lauf ABC & Co. prädestiniert. Wer als Frau knapp die 50kg-Marke kratzt, dürfte aber auch eine flotte Sohle mit dem Cloudflow hinlegen können. Die Griffigkeit im Erfurter Luisenpark auf festem Parkweg hat er jedenfalls wieder gezeigt.
Adidas
Nach der nächsten Banane bleiben wir am gleichen Standort, wechseln aber die Firma. Der deutsche DAX Stern im Sportartikelhimmel wartet. Letztes Jahr eine etwas unglückliche Kommunikation im Lockdown mit Kurzarbeit und Mietzahlungen und dann auch noch keine Testschuhe beim großen Laufschuhtest in Hennef und Köln. Jetzt aber haben wir ein Paket erhalten und schlüpfen direkt rein in den neuen Solarboost, Solarglide und am Ende auch in den noch jungfräulichen Carbonschuh Adizero Adios Pro.
Adidas Solarboost
Am Ende einer besonders langen Testrunde auf der Suche nach Emotionen, heißem Kaffee und Sonne bleibt ein überraschend positiver Gesamteindruck vom neuen Adidas Solarboost. Es drückt nichts. Es reibt nichts. Es gibt keinerlei Irritation. Schon beim Reinschlüpfen merken wir sofort den Unterbau aus weichem Boost Material. Zu schwammig kommt uns die Passform dabei aber nicht vor. Das Obermaterial schmiegt sich wunderbar um Mittelfuß und Ferse an. Wobei die Ferse in Adidas typischer Gangart ausgespart wurde um kein Druck auf das Fersenbein zuzulassen. Der Adidas Solarboost hat einen zusätzlichen stabilen Rahmen auf die Innenseite des Schuhes bekommen. Der ist zwar nur einige Millimeter hoch und wirkt daher fast schon homöopathisch. Die Außensohle verdreckt zwar recht schnell mit Luisenparksand, das aber ohne Steine zu sammeln wie beispielsweise mit On Schuhen. Selbst Daniel ist still und hat nichts auszusetzen. „Als Läufer musst Du zwar sauber stehen und darfst keine orthopädischen Probleme haben. Dafür hat er eine erstaunlich hohe Runability -dieser Adidas Solarboost.“ Für uns ein klassischer Neutralschuh für Straße, Park, trockenen Wald bis zum Marathon und heuer eine weitere positive Überraschung.
Adidas Solarglide
Im stetigen Wechsel aus Wolken, Regen, Schneeschauer und wieder Sonnenschein kämpfen wir uns Runde für Runde durch die Schuhe. Weiter geht es optisch ohne Schnörkel in klassischem schwarz-weiß. Klare Linien, klare Formen und drei Streifen auf der Seite. Die aufgedruckten Applikationen des Adidas Solarglide verleihen ihm eine gute bis sehr gute Passform. Er ist nicht ganz so führend wie u.a. ein Solarcharge aber immer noch straff und nicht zu eng. Ein typischer Neutralschuh, der mitläuft. Er rollt gut ab und lässt auch sonst keine großen Kritikpunkte erkennen. Ein unaufgeregter Schuh: „Der reist Dich nicht vom Hocker, verursacht aber auch keine negativen kognitiven Folgen.“
Adidas Adizero Adios Pro
Zur Wirkungsweise des Schuhes haben wir bereits in unserer kleinen bescheidenen Studie vom November 2020 hingewiesen. Die Rede ist vom schnellsten Marathonschuh, den je ein deutscher Läufer gelaufen ist (Anm. d. R.: 2:07:18h, Amanal Petros). Nagelneu sind die Exemplare heute und noch vollkommen jungfräulich. Verändert hat sich zur ersten Ausgabe nichts. Gefühlt muss man schon sehr vorsichtig einsteigen in den Schuh, da selbst an der Zunge Gewicht gespart wird. Das Obermatieral ist nach wie vor sehr dünn gehalten und gestattet somit maximale Atmungsfähigkeit. Im Stand wirkt der Adidas Adizero Adios Pro sehr kippelig. Daniel muss sich bei der simulierten Erwärmung im Ein-Bein-Stand sogar festhalten, obwohl es noch gar keine HELGA gab. Ansonsten überzeugt aber die Passform. Den minimalen Fersenschlupf laufen wir beim 2.000m Intervall einfach raus. Denn der Schuh ist zum schnellen Laufen konzipiert. Denken würden wir, dass der eigentliche Vortrieb ab einer Geschwindigkeit von 4:30min/km und schneller bemerkbar ist. Das „langsame“ Ein- bzw. Auslaufen über 20min dürfte schon wiederum eine Quälerei darstellen – für Läufer und für den Schuh. Die einzige Aufgabe des Schuhes besteht darin, dem Läufer zu einer persönlichen Bestzeit zu verhelfen. Und das macht er ohne Zweifel, denn der Vortrieb ist nicht nur subjektiv spürbar. Die Themen Haltbarkeit und Preis-Leistung stehen auf einem anderen Blatt. Wir haben direkt beim deutschen Rekordhalter Petros im kenianischen Iten angerufen und gefragt, wie lange er als Profi in so einem Modell laufen kann. Maximal 600 KM und dann ausschließlich auf Asphalt war die Antwort. So würden wir ihn auch empfehlen, da selbst die zwei Runden im Luisenpark bei Daniels 95kg schon die Carbonstreben zum Vorschein haben kommen lassen.
361° Laufschuhe
Überraschungen positiver Art gab es heute schon einige. Und wie immer bei solchen Laufschuhtests, gibt es bei 50 gelaufenen Paaren auch ein paar Ausreißer in die andere Richtung. 361°, die chinesische Firma, die vor drei Jahren auf der ISPO München mit hohen Ansprüchen gestartet ist, kommt so langsam aus dem Rhythmus der Gewinner raus.
361° Yushan 2
Starten wollen wir aber mit dem 361° Yushan 2. Trotz 353g bei 8mm Sprengung ist der Yushan 2 eine klare Verbesserung zum Vorgänger. Er erinnert uns vom Obermaterial und der EVA Quickfoam Zwischensohle an den 361° Spire 4 mit seiner Morphit Technologie. Dadurch ist die Passform wesentlich angenehmer. Leider ist auch hier an der frischen Luft, wie schon im Laufladen Erfurt, der Fersenschlupf von allen Modellen am deutlichsten ausgeprägt. Auch die Profiltiefe der Außensohle kommt nicht annähernd an Speedgoat, Xodus oder More Trail heran. Der 361° Yushan ist beileibe kein schlechter Schuh und für Läufer geeignet die einen breiten und sicheren Leisten suchen bei dem es obendrein noch ein wenig mehr Profil sein darf.
361° Yushan Waterproof
Das Gute ist, dass die Füße beim nächsten Modell tatsächlich trocken geblieben sind. Die Event Membran des 361° Yushan Waterproof ist nämlich wasserdicht. Als uns der fast 400g schwere Schuh beim Anprobieren aus der Hand fällt, hört sich der Aufprall wie ein Brett an. Beim Laufen mussten wir schließlich auch nach 400m abbrechen. Wer schon einmal mit Brettern gelaufen ist, versteht uns sicherlich. Trapsen, starre Sohle und steifes Abrollen zeichnen diesen Schuh aus. Selbst als Leichtwanderschuh wäre er uns zu unbequem und hat aus unserer Sicht als Schuh keine Daseinsberechtigung. Wer diesen Schuh entwickelt hat oder das Projekt geführt hat – der hat entweder keine Ahnung vom Laufen oder sollte dringend eine Branchen Struktur Analyse machen.
Spire 4
Getestet im noch nicht für die BUGA vorbereiteten Blumenbeet haben wir den 286g leichten 361° Spire 4. Und wir finden sofort das von uns ersehnte hohe Maß an Runability wieder. Beim Laufen durch den Dendrologischen Garten rollen wir zwar konservativ aber ökonomisch über die klassisch aufgebaute Außensohle des Spire 4 ab. Der Bereich im Mittelfuß ist leicht tailliert. Die Carbon Applikation unter der Sohle ist ausschließlich für das Auge. Die Zwischensohle aus Quickfoam Schaum wirkt und läuft sich sehr komfortabel und anschmiegsam. Das Obermaterial des auf 9mm Sprengung gebauten Spire 4 ist eine Mischung aus Strick und Velourszunge. Der 361° Spire 4 ist ein durchweg guter Schuh, bei dem nichts drückt oder reibt. Im Grunde genommen ist er genau für die Interessen der Landeshauptstadt Erfurt. Er kann im Park, auf der Straße und im trocknen Steigerwald gelaufen werden. Durch die sehr lange und dünne Bauart wirkt er aber nicht zu schmal. Ganz im Gegensatz wird der Vorfuß überhaupt nicht eingeengt. Einziger Kritikpunkt ist das Obermaterial im Bereich der Zehenbox. Das ist nach wie vor ein Zentimeter zu viel und kann eine Falte werfen.
Asics
Asics GT 4000-2
Los geht es mit dem Sondermodell GT-4000 in der zweiten Generation. Dieser SMU (Special Make Up) wird exklusiv für ausgewählte Laufspezialisten wie uns gebaut. Das erste Passformgefühl gefällt uns schon gut. Schmale Form und trotzdem komfortabel. Wer breitere Füße hat, sollte vielleicht von der schmalen Leistenform auf eine 2E Weite ausweichen. Vermittelt wird vor allem viel Sicherheit durch den zweiten Härtegrad im inneren Bereich. Das führt zwar dazu, dass wir beim Laufen auf festem Untergrund nach außen gedrückt werden – aber genau dafür ist der GT-4000-2 ja konzipiert. Läufer, die Sicherheit benötigen und eine Pronationsstütze suchen, sind mit dem neuen GT-4000-2 sehr gut aufgehoben. Es gibt nichts zu meckern. Die Zehenbox im Vorfuß ist nicht ausladend sondern führt sanft bis in die Abdruckphase. Das Obermaterial aus leichtem Stretch gibt gerade bei schweren Läufern nach und sollte auch für problematische Füße, wie z. B. einem Hallux, geeignet sein.
Ascics Gel Pursue 7, Noosa-Tri & Trabuco
An dieser Stelle hätten wir auch gerne unsere Erfahrungen zum neuen Asics Gel Pursue 7, Noosa-Tri in der BUGA 2021 Version, Fuji-Trabuco etc. gesammelt und geschrieben. Aber leider hat bei der vormals größten Laufschuhmarke der Welt, ASICS, so massiv das Corona Virus gewütet, dass neben den alten Modellen GT-4000 und Pursue 6 keine weiteren Testschuhe verfügbar sind. Daniel und ich nutzen daher lieber die Zeit, schauen uns die anderen Modelle an und laufen dafür lieber ein paar Runden mehr mit verfügbaren Schuhen der Konkurrenz.
Diadora Laufschuhe
Die Italiener um den Marathon Olympiasieger von Soul 1988, Gelindo Bordin, überzeugen uns vor allem abseits ihrer Produkte. Die Philosophie der Firma besteht vor allem in einer Wertschöpfungskette hier in Europa. Gute und funktionierende Unterwäsche mit Produktionsstandorten in Norditalien und sehr hochwertig verarbeitete Laufschuhe sind Grund genug, diese Ansichten zu unterstützen. Vorgenommen haben wir uns heute drei Exemplare: Blueshield Elite, Blueshield Hip 6 und den Fly Hip 3.
Diadora Blueshield Elite
Bei uns im Laufladen Erfurt sprechen wir manchmal davon, endlich mal wieder so einen richtig schönen „Backstein-Schuh“ zu haben. Denn wir wissen ja, wer regelmäßig laufen geht oder es sich auch erst einmal „nur“ vornimmt. Selten sind das die 70kg leichten Männer, die im elfengleich Vorfußlaufschritt durch den Wald schweben. Oder die disziplinierte Geschäftsfrau, die jede Mahlzeit abwiegt und hauptsächlich Low-Carb- Ernährungspläne befolgt. Nein, viele nutzen Bewegung generell als Einstieg in einen gesünderen Lebensstil und da ist es logisch, dass am Anfang einfach ein paar mehr Pfunde auf der Waage stehen und das Bewegungsmuster auch noch nicht lehrbuchmäßig ist. Und genau da kommt der Blueshield Elite bzw. Elite TRX 2 ins Spiel. Wir schlüpfen also rein in den 365g schweren Schuh und merken sofort, das ist ein Exemplar für die schweren Jungs & Mädels. Die Passform aus Ortholite Einlegesohle, EVA Zwischensohle und typisch italienisch sowie hochwertig verarbeitetem Obermaterial ist ohne Tadel. Zwischen Amygdala und Kleinhirn wird aber sofort auch das Gefühl von Sicherheit und Vertrauen assoziiert. „Der Diadora Elite ist scheinbar eine sichere Bank!“, meint Daniel. Während des Laufens merken wir gefühlt jedes stabilisierende Element. Faszinierend ist, dass je schneller wir werden, desto unharmonischer agieren die einzelnen Elemente. Wir fühlen uns also zur Aussage hingerissen, dass der Typ genau für diese Art von Läufern ist, die mit dem Laufen beginnen möchten oder gar gerade im Übergang vom Gehen zum Laufen sind. Man muss zwar den sehr voluminös wirkenden Diadora Elite ins Rollen bringen, aber wenn er rollt, dann rollt er. Empfehlen würden wir ihn ganz klar für moderate Geschwindigkeiten jenseits der 7min/km und all jenen Sportlern, die die absolute Sicherheit bevorzugen – aus welchen Gründen auch immer. Robust, dämpfend und Sicherheit versprechend sind die Attribute, die wir uns am Ende der Testrunde ins Notizheft schreiben.
Diadora Fly Hip 3
Deutlich flacher, direkter aber auch komfortabler geht es mit dem Diadora Fly Hip 3 weiter. Die erste Überraschung des Tages kommt stilsicher in italienischer Silberoptik an unsere Füße. Der Diadora Fly Hip 3 ist ein perfekter und angenehm zu tragender Alleskönner. Er läuft sich dynamisch ohne zu direkt bzw. hart zu wirken. Optimal sowohl für alle Laufanfänger aber auch alt gediente Tempohasen. Für Intervalle oder generell zügige Dauerläufe bedarf der Fly Hip 3 sicherlich ein wenig mehr Gewicht oder Kraft auf die 290g leichte Sohle. Dafür liefert der Hip 3 aber auch bis zum Ende Sicherheit & Haltbarkeit. Langsam kommen wir aus dem Schwärmen nicht mehr raus. Ursprünglich für Läufer konzipiert, die unter 75kg wiegen ist er nicht zu weich und bietet dennoch genügend Komfort. Die Passform erinnert fast an einen 2000er Zoom Elite von Nike und besticht dadurch, dass der Fly Hip schlichtweg nicht übertechnologisiert ist. In unseren Augen befindet sich der Hip dieses Jahr auf einer Höhe mit Brooks Defyance, NewBalance 880 oder Saucony München. Daniel formuliert es am Ende treffend: „Wenn Du den Schuh als Laufanfänger anhast – dann brauchst Du keinen Zweitschuh und Dein Laufen macht einfach Spaß!“ Unserer Meinung nach der Schuh mit der bisher höchsten Runability! Run-Was? Wir haben einfach das Wort in Anlehnung an die Trinkfähigkeit (Drinkability) von gutem Läuferbier kreiert. Läuft sich der Schuh gut und hat alles, was einen Laufschuh mitbringen muss – dann hat er eben eine gute Runability!
Diadora Blueshield Hip 6
Abgeschlossen wir das italienische Trio vom Diadora Blueshield Hip 6. Der Schuh ist eigentlich genau zwischen dem dynamischen Fly Hip 3 und dem stabilen Blueshield Elite einzuordnen. Beim Runden drehen merken wir unweigerlich die Festigkeit, Stabilität ohne aber das Gefühl zu haben, den oben beschrieben Backstein am Fuß zu haben. Der Blueshield Hip 6 ist zwar nicht ganz so flexibel wie der Fly Hip 3 aber immer noch laufbar. Absolut sicher für Läufer, die einen Schuhe suchen, der eine Spur mehr Führung und Stütze liefert. Der Blueshield Hip 6 ist dank leichter EVA Zwischensohle, Ortholite Einlegesohle und Blow Flexoft im Vorfuß gut gedämpft ohne das extreme Weiche z.B. eines Hoka Schuhes zu haben. Bequem, anziehen & wohlfühlen!
Hoka Laufschuhe
Hoka Rincon
Der Rincon steht auch auf unserer Testliste, obwohl wir ihn nicht im Portfolio haben. Den klassischen Allrounder würden wir in die Kategorie leichter Trainings- & Wettkampfschuh ohne Carbon einordnen. Daniel fasst auf halber Teststrecke so zusammen: „ Man läuft und denkt, irgendwas fehlt an diesem Schuh.“ Die 218g sind leicht und mehr als fluffig, aber man hat stets das Gefühl, selbst noch arbeiten zu müssen. Die leicht voluminöse Außensohle mit fünf Millimeter Sprengung rollt gut ab. Gerade im Vergleich zum Hyperion Tempo von Brooks steht der Rincon allerdings deutlich zurück. Unserer Meinung nach hebt sich der Hoka Rincon dadurch zu wenig ab und wir gehen lieber direkt weiter zu einem alten Bekannten.
Hoka Clifton Edge
Unser Clifton Edge hat inzwischen schon knapp 400 Kilometer auf dem Buckel. Das Modell laufen wir nämlich schon seit einigen Wochen zwischen Hubertus und Erfurt Gispersleben. Mit 253g ist er zwar minimal schwerer als der Clifton 7, aber das sieht man dem Edge überhaupt nicht an. Durch den innenliegenden Sockliner im Mittelfuß sorgt er hingegen auch nach vielen Kilometern für deutlich spürbare und straffe Führung des Läuferfußes. Dabei ist er auch nicht so weich, wie er aussieht sondern erlaubt eine direkte Rückmeldung. Der Ultra-Grip-Schaumstoff über der EVA Laufsohle sieht zwar von oben betrachtet wie eine Flosse aus – liefert aber auch Sicherheit durch die breite Auflagefläche. Geeignet für lange Ausflüge und Fersenläufer. Der Clifton Edge ist aber durchaus auch für Ausflüge im Mittel- und Vorfuß geeignet. Auch hier gibt es keine Kritikpunkte, außer vielleicht die Griffigkeit im schlammigen BUGA-Baustellen-Bereich. Ansonsten verzeiht der Clifton Edge auch hin und wieder einen Fehler. Das merken wir speziell bei den langen Vorbereitungsläufen für die Challenge Roth. Speziell die erhöhte Ferse signalisiert dem Kopf ab zwei Stunden nochmals ein Gefühl von Sicherheit und Führung. Vor allem aber animiert er Dich als Läufer regelmäßig, mal ein wenig mehr Dynamik in das eigene Training zu bringen.
Hoka Clifton 7
Schnittig kommt er daher, der neue Clifton 7 von Hoka. Das Obermaterial wurde aufgeräumt, gestrafft und das merkt man auch sofort. Der klassische Neutralschuh mit 247g wirkt zwar laut Daniel „Hoka typisch aufgedämpft und hoch geschäumt“. Beim Laufen kommt er uns beiden aber gar nicht mehr so dämpfungskomfortabel wie z.B. ein NewBalance 1080 vor. Das erwartete Gefühl von Wasserbett stellt sich auch am Ende der Testrunde nicht ein. Und das ist auch gut so, denn der Clifton überzeugt uns durch Passform. Der Schuh sitzt ausgezeichnet, quasi wie eine zweite Haut und lässt dadurch genügend Spielraum für Laufextase a la Hoka. Flache Geometrie bei 5mm Sprengung und die bekannte Meta-Rocker-Technologie sorgen dafür, dass sowohl vom gelegentlichen 5KM Lauf nach der Arbeit bis zum langen Ausflug am Wochenende genügend Spaß vorhanden bleibt. Insgesamt ist der neue Clifton 7 aus unserer Sicht eine sehr gute Empfehlung für Läufer ohne große Problemstellung und überzeugt durch das Fehlen jeglicher Kritikpunkte.
Hoka Carbon X2
Der amtierende Ironman Weltmeister und Rekordhalter über die Triathlon Langdistanz, Jan Frodeno, hat sich für diesen Schuh entschieden. Dann muss er ja eigentlich gut sein, oder? Beim Anziehen spüren wir sofort den enormen Drang zum schnellen Laufen. Der Vortrieb ist unbestritten und auch wir laufen die folgende 1.000m Runde deutlich schneller. Die Weiterentwicklung vom Carbon X sticht 2021 besonders durch den Schwalbenschwanz an der Ferse heraus. 239g leicht, auf fünf Millimeter Sprengung gebaut – ist der neue Hoka Carbon X2 tatsächlich ein Ausdauerexemplar für lange Einheiten. Im Vergleich zum Adidas Adizero Adios Pro ist er unserer Meinung nach der deutlich bessere Schuh. Das hängt vor allem mit der Stabilität für uns Normalläufer zusammen, denn er wackelt nicht sondern stabilisiert sich automatisch und recht homogen auch bei Geschwindigkeiten von 4min/km und langsamer. Die Querrille unter dem Mittelfuß dürfte maßgeblich dafür verantwortlich ein. Dadurch hat der Carbon X2 mehr etwas von einem bekannten Laufschuhmuster. Der kognitive Widerspruch entfällt dadurch vor allem für Läufer, die bisher noch nicht mit Carbon in Kontakt gekommen sind. Im Fazit ist der Carbon X2 ein wunderbarer Schuh für Trainings und Wettkämpfe bis zur Marathondistanz. Heute im verregneten Luisenpark hält der Carbon X2 im Vergleich zum Adios Pro auch auf sandig schmierigem Boden, während die Konkurrenz schon im Grenzbereich ist. Hinweisen wollen wir an dieser Stelle nochmals auf die Eigenverantwortung der Läufer. Selbst wir merken den schnellen Tempodauerlauf entlang der Gera über 15km mit dem Carbon X2. Die Wade und vor allem der Übergang vom Fersenbein zur Achillessehne muss deutlich mehr arbeiten und bedarf daher einer besonderen anschließenden Behandlung mit intensiver Dehnung, Blackroll, Massage oder The Stick.
Hoka Rocket X
Wir bleiben noch ein letztes Mal im Intervallmodus. Die neue Rakete von Hoka heißt seit diesem Jahr Rocket X. 210g zeigt die Briefwaage. Auch hier merken wir sofort beim Anziehen, dass der Rocket X eine zusätzliche Überraschung am heutigen Tage wird. Uns überzeugt nämlich sofort die strenge Passform durch zwei innenliegende Gummis am Mittelfuß. Fünf mm Sprengung, ein Millimeter Carbonsohle und das symmetrische Fußbett engen nicht ein sondern schreien schon im Stand nach Vorwärtsdrang. Die neue Rakete hat sichtbar mehr Unterbau (CMEVA Schaumstoff) als der Vorgänger. Dadurch lädt er auch einmal zum Wettkampf bis zum Halbmarathon ein. Den sollte man aber auch in 1:30h laufen wollen oder leiden können. Es gibt zwar mehr Komfort als 2020 – der kleine Bruder vom Carbon X2 ist aber eher auf den kurzen Strecken und dem Tempotraining heimisch. Er kommt uns bei den Testläufen minimal schmaler und dadurch etwas wackeliger vor, wenn man über die Ferse läuft. Gefallen hat uns auch das klassische und konservative Mesh als Obermaterial. Der Schuh kommt ohne große Schnörkel oder sonstige Marketingtupfer. Hier wird sich auf das Wesentliche konzentriert. Ordentlich Traktion gibt es übrigens nicht nur auf den Parkwegen im Luisenpark sondern auch auf den langen Asphaltgeraden entlang des Gera Radweges im Nordpark beim wöchentlichen Ballern über 6x 2000m im BUGA Oval.
Speedgoat 4
Für den heutigen Tage haben wir genug Carbon geballert und auch die Füße lechzen jetzt so langsam nach mehr Fürsorge. Daher geht es raus aus dem Rocket X und rein in den Hoka Speedgoat 4. Als würde man von einem Porsche GTA 4 in einen Toyota Landcruiser steigen. Zwar finden wir auch im Speedgoat die straffe Passform – dafür ist der Unterbau extremst durch Volumen gekennzeichnet. Der neue Speedgoat 4 packt den Fuß deutlich besser ein als z.B. der MoreTrail von NewBalance. Grundsätzlich gibt es aber nichts zu meckern. Breite Auflage, dadurch Stabilität und flache 4mm Sprengung bei immer noch leichten 306g. Über die Motzstraße geht es wieder auf den Bachstelzenweg und in den Steiger. Dabei schluckt der Hoka Speedgoat 4 alles an nichtgewollten Umweltreizen und entlastet unsere Überlastungserscheinungen. Wir verlieren zwar ein bisschen das Gefühl für die Feinheiten des Untergrundes, haben aber auch bei steilen Bergab-Passagen immer die Gewissheit, dank der Vibram Sohle und 5mm Stollen sicher zu stehen. Der Hoka Speedgoat 4 ist und bleibt eine Empfehlung, vom kurzen Ausflug ins Gelände bis zum ultralangen Dauerlauf über Stock und Stein.
NewBalance
NewBalance More Trail
Wir verlassen wieder die Wege des Parks und laufen über die Motzstraße in den Bachstelzenweg und den Steigerwald. Parallel zum Speedgoat 4 testen wir nun den NewBalance MoreTrail v1. Schon beim Reinschlüpfen erscheint uns die Geländeversion vom NB More 2 sehr komfortabel und etwas defensiver, was die Führungsarbeit des Schuhs im Bereich des Mittelfußes angeht. Beim Laufen über Stock, Stein und durch feuchten Steigerwaldschlamm bestätigt sich das sehr leichte und angenehme Tragegefühl auf 4mm Sprengung und dem neuen FreshFoam-X-Schaum. Daniel merkt beim Aufkommen über die Ferse etwas deutlicher den Fersenkontakt beim Aufprall im Vergleich zum Hoka Speedgoat 4. Den NewBalance MoreTrail empfinden wir beide auch etwas leichter. Grundsätzlich ist er aber ein tadelloser Laufschuh für das Gelände: Breiter Unterbau, Sockelartige Konstruktion für mehr Stabilität, griffige Außensohle und genügend Platz im Vorfuß für dynamische Passagen. Die Schnürsenkel des NewBalance MoreTrail halten auch im technisch anspruchsvollen Gelände. Die Passform des Obermaterial ist leger gehalten und schlägt keine Falten. Ein wenig Optimierungsbedarf besteht vielleicht im Bereich an der Zunge. Denn die will ein wenig mehr Bewegung als sie eigentlich sollte. Die Passform ist als Fazit aber für ein sehr breites Spektrum an Läufern ausgelegt. Daniel fasst es wie folgt zusammen: „Anziehen, loslaufen und über die Trails einfach nur dahin gleiten!“
NewBalance 1080
Kein Läufebier HELGA sondern der heiße Kaffee im Espach Café hat uns neue Lebensgeister eingeflößt. Schwarz, ziemlich stark und mit gefühlt einem halben Liter Inhalt des koffeinhaltigen Heißgetränks hat uns die nette Dame am alten Männerbad von 1839 versorgt. Schwarz und stark überzeugend ist auch das, was wir am Fuß tragen – nämlich der neue NewBalance 1080. Die elfte Version kommt nicht nur auf 8mm Sprengung, einer bequemen Ortholite Innensohle sondern vor allem mit dem neuen FreshFoam-X-Schaum daher. Wir ertappen uns bei dem Gefühl, statt der kurzen Testrunde sofort auf einen langen Ausflug gehen zu wollen. Ein hohes Maß an Dämpfungs- Komfort und ein extrem angenehmes Obermaterial im Strickverfahren verleiden dem 1080 das Prädikat hohe „Runability“. Komplett wird der Aufbau mit den Applikationen an der Seite, die nochmals einen Ticken Führung vermitteln. Kritik gibt es keine. So soll ein Schuh sein. Und während wir unsere Notizen machen, verströmt immer noch der Duft von frisch gebrühtem Kaffee in unseren Nasen.
NewBalance 860v11
Wir greifen uns ein weiteres Exklusivmodell aus der Testkiste. Exklusiv deswegen, weil es das Modell wieder nur bei den Laufprofis in Deutschland gibt. Die Rede ist vom aktuellen NewBalance 860 in der Version N°11 mit dem weichen Fresh-Foam Schaum. Das tolle heute ist, dass wir endlich einmal die schmale B-Weite zum Laufen bekommen. Dadurch wirkt der neue 860 zwar schon beim Anziehen sehr schmal. Allerdings freuen sich unsere Füße über eine harte und fürsorglich gemeinte Passform in den einsamen Runden des Luisenparks. Die deutlich spürbare und auch physisch vorhandene Stütze im Innenfußbereich schmiegt sich mit dem gesamten Schaft bei jedem Laufschritt gut an den Fuß an. Schon jetzt sprechen wir von einem guten Halt von der Ferse bis zum Vorfuß. Neben der klassischen Pronationsstütze gibt es außerdem eine Fersenspange. Letztere ist bis zum Übergang im Mittelfuß vernäht und zeugt unserer Meinung nach nochmals von einer qualitativen Steigerung des Stabilschuhes NewBalance 860. Die Fersenkappe ist eigentlich wie beim NewBalance 1080 und verursacht nur zu Beginn ein paar kleine Irritationen, weil wir sie unabhängig voneinander einen Hauch intensiver spüren. Auch das Fersenbein meldet sich zu Beginn auf der Testrunde. Wir finden es spannend, wie sehr und sensibel doch unsere Füße auf die unterschiedlichen Techniken der Industrie reagieren. Nach ein paar hundert Metern sind aber sämtliche Sensibilität ad acta gelegt. Denn auch mit dem aktuellen NewBalance 860 wollen wir gleich zum langen Dauerlauf durchstarten. Den auf 10mm gesprengten Schuh empfehlen wir folglich auch 2021 für alle Läufer zwischen 5 und 42.195KM, die auf der Suche nach Sicherheit, Stabilität und einer enorm guten Passform sind.
NewBalance 880
Neben dem München 4 von Saucony ist der NewBalance 880 die Überraschung des Sommers 2020 gewesen. Schon beim Anziehen unter dem Erfurter Mittagsgraupel freut sich der Fuß nach den ersten Metern über die Entlastung. Die Version 10 lockt nämlich mit dem weichen FreshFoam Schaum. Das führt auf dem harten Asphalt rund um den Kressepark zu einem maximal empfundenen Komfortgefühl. Auch Ferse und Achillessehne werden durch die höher gepolsterte Ferse entlastet. Da es heuer die schmalere B-Weite für uns Buben gibt, schmiegt sich der Schuh im Mittelfuß sockenähnlich an die schon latent tropfende CEP Laufsocken. Das freut uns, denn unser Chefeinkäufer hat dieses Jahr wieder bewusst auf die schmaleren Varianten für die Jungs und Mädels gesetzt. So dürfen sich die Jungs mit schmalen Füßen im Laufladen Erfurt exklusiv über die von uns probierte Variante freuen während wir für die Damen die 2A-Weiten bereit halten. Trotz der 10mm Sprengung machen inzwischen alle Tempovariationen mit dem neuen NewBalance 880 Spaß. Eine der Top-Empfehlungen beim diesjährigen Test und außerdem eine Sonderedition für die Laufprofis inDeutschland.
Saucony Laufschuhe
Saucony Guide 14
Daniel fällt es schwer, den neuen Saucony Guide 14 in eine Lücke zu stecken. Irgendwo zwischen dem Trainingsschuh München 4 und dem deutlich stabileren München S. Der neue Guide 14 ist auffallend weniger gedämpft als z.B. der München 4 und dadurch auch nicht ganz so komfortabel. Grundsätzlich trägt er sich ziemlich unauffällig. Per se ist das aber schon einmal ein gutes Zeichen. Der Führungsrahmen aus TPU fällt uns leider nicht auf und so spüren wir nicht wirklich die Stabilität. Das mag an unserer Empathiefähigkeit im nasskalten Regen oder zu viel getesteten Schuhen am heutigen Tage liegen. Auch der aktuelle Guide 14 ist mit gerade einmal 298g relativ leicht. Die 8mm Sprengung merken wir nach inzwischen über 20 gelaufenen Kilometern nicht wirklich. Generell fehlt uns beiden ein wenig Führung im Schuh. Der Guide 14 rollt gut und leicht ab. Als Fazit ein guter Schuh, dessen Fehlen im Portfolio des Laufladen Erfurt aber nicht ins Gewicht fällt. Denn an seiner Stelle haben wir mit dem München S eine mehr als gute Alternative.
Saucony Triumph 18
Auch den neuen Triumph 18 haben wir die letzten Tage schon eingetragen. Der Eindruck beim Vorgänger war immer ein sehr weicher. Das ist bei der 18. Ausgabe anders, obwohl der auf 8mm Sprengung gebaute Schuh der am stärksten gepolsterte Schuh von Saucony ist. Der Schaum in der Zwischensohle ist spürbar fester als noch letztes Jahr. Dadurch haben wir nicht das Gefühl, in einem zu weichen Schuh zu stehen. Das merkt man vor allem nach einem acht Stunden Arbeitstag im Laufladen Erfurt. Das erste Gefühl bestätigt sich jedoch auch heute beim Laufen. Der klassische Komfortschuh mit 315g hat zwar immer noch ein ordentliches Maß an Dämpfung, wirkt aber bei weitem nicht zu weich. Das Obermaterial empfinden wir nach der Erfurter Laufrunde als an der unteren Grenze zum „zu schwammig sein“. Der Fuß sucht ein wenig die Passform bzw. mehr Führung im Abrollvorgang. Wenn die Entwickler noch eine Verstrebung oder einen zusätzlichen Strumpf im Innenleben verbauen würden, wäre auch der Saucony Triumph 18 ein optimaler Laufschuh. Dabei hat er gar nicht zu viel Obermaterial. Wir glauben auch, dass der Schuh nicht so viele Fehler oder Fehlstellungen verzeiht – da der Schaft im Obermaterial eine Spur zu weich ist. Empfehlen würden wir den Triumph 18 für alle Distanzen bis hin zum Marathon. Geeignet für Neutralläufer, ohne Auffälligkeiten und Läufer bis 90kg. In einer Vergleichsgruppe mit NewBalance 1080 und Brooks Glycerin 19 muss sich der Saucony Triumph 18 aber nicht verstecken – ohne jedoch deren Passform und Führungsqualitäten zu haben.
Saucony Peregrine 11
Der Himmel hat inzwischen seine Schleusen geöffnet. Der Wind peitscht uns nicht nur frontal ins Gesicht sondern lässt die Sehnsucht nach einem weiteren koffeinhaltigen Heißgetränk steigen. Auf der Agenda steht jetzt aber zunächst wieder eine Testrunde abseits der Wege. Die 11.Generation des Saucony Peregrine kommt nicht nur mit einem Farbupdate in Regenbogen-Design sondern auch mit einem verbesserten Obermaterial. Ansonsten haben die Amerikaner wenig verändert am 4mm gesprengten Geländelaufschuh. Die Passform ist weiterhin super und knüpft ohne Tadel an den Vorgänger an. Durch die Bauart ist besonders ein flacher Fußaufsatz möglich. Die Griffigkeit ist gerade abseits von Wegen perfekt. Die 5mm tiefen Stollen graben sich nicht nur in die aufgeweichte Erde des Steigerwaldes ein sondern halten auch auf Stein, Wurzeln und den Schneeresten. Ein optimaler Schuh und unsere erste Wahl für Gelände, Trail und Hindernisläufe. Die Platte unter dem Fuß ist durchschlagsfest und schützt weiterhin vor spitzen Steinen oder Ästen. Nach knappen 25 gelaufenen Kilometern merken wir allerdings, dass die Dämpfung etwas weniger ausgeprägt ist. Daher empfehlen wir auch den Saucony Peregrine 11 nicht für schwere Läufer, besonders lange Ausflüge oder aber auf ausschließlich weichem Untergrund. Wer es etwas komfortabler möchte, sollte dann eher zum Saucony Xodus greifen.
Saucony München 4
Daniel fasst es mit „Anziehen und loslaufen“ zusammen. Auch der Saucony München 4 ist ein Sondermodell und 2021 wieder nur bei den Laufprofis in Deutschland erhältlich. Wir sind nach der Testrunde zwischen Dreibrunnenbad und Espach Café überzeugt, dass der München 4 auch heuer wieder eine ganz heiße Ware wird. Kritikpunkte gibt es keine. Die Passform im Mittelfuß ist etwas breiter als beim NewBalance 880 oder Brooks Defyance. Dadurch hat die Ferse etwas mehr Spiel, was aber nicht unbedingt ein Nachteil sein muss. Grundsätzlich hat der aktuelle München 4 weiter einen sehr guten Eindruck hinterlassen. Das Obermaterial ist aus einem Stück gefertigt und signalisiert dem Gehirn beim Anziehen schon ein gutes Passformgefühl. Lediglich die Zehenspitze im Vorfuß zeigt eine Naht im Bereich der Zehenkappe. Die im Innenbereich des Schuhes verbaute Verstärkung gibt subjektiv ein wenig mehr Halt und Stabilität. Diese ist aber nicht mit einer klassischen Pronationsstütze zu verwechseln. Vielmehr haben die Amerikaner die Mittelsohle etwas hochgezogen. Auf 8mm Sprengung gebaut, wirkt die Runde im Park auf Asphalt und frisch gemachtem Sandweg ähnlich konsumig wie im NB 880. Ganz latent spürt man das Mehr an Spiel des Fußes, was gerade Läufern mit nicht so schmalen Füßen entgegenkommen dürfte. Wie bereits im Kölner Laufschuhtest festgestellt, tobt sich der Saucony München 4 tadellos auf Straßenläufen, im Park und auf trockenen bis heißen Waldwegen aus und das vom kurzen 5km-Lauf bis zum Marathon.
Brooks
Wir sind fast am Ende des Testtages angekommen. Leider ist auch Brooks wie so viele Firmen aus der Laufschuhindustrie extrem von Corona eingeschränkt und kann uns leider nur den Glycerin 19 und Glycerin 19 GTS schicken. Also ziehen wir einfach noch unsere privaten Hyperion Tempo und das Sondermodell Defyance 11 aus dem Regal.
Brooks Defyance 11
Der Schuh für Laufspezialisten in Deutschland überzeugt weiterhin mit einer hohen Messlatte. Auch am aktuellen Brooks Defyance in seiner elften Ausführung hat sich außer der Farbe nichts geändert. „Reinschlüpfen und lange Spaß beim Laufen haben!“ Haben wir schon beim vergangenen Test in Köln geschrieben und würden es heute im Erfurter Luisenpark wieder tun. Der aktuelle Defyance 11 ist ein runder Schuh mit dem man sofort einen langen Lauf machen möchte und sicherlich auch kann. Uns überzeugt das durchgängige und harmonische Abrollverhalten. Da ist kein abrupter Übergang zwischen Ferse und Vorfuß sondern ein seichtes Dahingleiten. Gerade Läufer, die über die Ferse aufkommen, dürfen sich auf ein sehr angenehmes und weiches Gefühl des Eintauchens freuen. Der Defyance 11 ist dabei ein neutral-stabiler Laufschuh und übernimmt Verantwortung in der Führung des Läufers. Dennoch macht er auch im Mittel – und Vorfußlaufstil auf festem Untergrund und zügigem Tempo eine gute Figur. Geeignet ist er für Läufer von 5km bis hin zum Marathon. Wer es nicht ganz so schmal mag, findet im Saucony München, Spire 4 von 361° oder NewBalance 880 seine erste Wahl.
Brooks Hyperion Tempo
Zum Abschluss geht es jetzt noch einmal auf die schnelle Runde. Der Hyperion Tempo kommt dieses Frühjahr lediglich mit einem Farbupdate. Bereits seit August letzten Jahres laufen wir den 207g schweren Schuh in unseren wöchentlichen Intervalltrainings. Maßgeblich sind nicht die 8mm Sprengung sondern vor allem die Mischung in der Zwischensohle aus DNA-FLASH-Material. Der Hyperion Tempo ist bei Brooks die Stufe unter dem Karbonmodell Hyperion Elite. Die mit Stickstoff geschäumte Sohle lässt diesen klassischen Trainings-Wettkampfschuh sehr anschmiegsam erscheinen. Die Passform überzeugt von der Ferse bis in die Zehenspitzen. Auch das Gefühl für den Untergrund erscheint passend – sofern man auf befestigten Wegen und Asphalt bleibt. An die Grenzen kommt der Hyperion allerdings, wenn zwei Parameter auftreten. Sobald die Steine im Park größer werden, ist die Zwischensohle offensichtlich zu weich um damit fertig zu werden. Auswirkungen merken wir auch regelmäßig beim Kurvenverhalten. Sobald die Geschwindigkeit schneller als 4:30min/km wird, fängt der Schaft des Hyperion in Kurven das Schwimmen an. Daher geht die Empfehlung vor allem auf schnelle Trainings auf festem Untergrund. Geeignet ist er aber auch für mittlere Läufe, denn der Stickstoffanteil führt zu einer beschleunigten Regeneration. Besonders erwähnen wollen wir aber noch ein Detail. Wir sind davon überzeugt, dass der Hyperion mit zunehmender Dauerlauflänge weicher wird. Meist haben wir zu Beginn das Gefühl, dass der Schuh sehr direkt und hart ist. Aber spätestens nach drei bis fünf Kilometern wird er immer weicher und am Ende eines 12er hat man das Gefühl, sehr weich gebettet zu sein.
Brooks Glycerin 19
Der vorletzte Schuh des Tages und unsere Entscheidung ist genau richtig. Im neuen Glycerin 19 von Brooks denken wir sofort an alte Zeiten. Der Ursprung aller Laufschuhe aus dem Bereich Dämpfung und Komfort erinnert wieder an das Wasserbett vergangener Tage. Wir machen uns im kalten Regen auf den Weg zum Espach Café. Daniel wollte zum Abschluss des Tages noch eine letzte Kugel Vanilleeis, garniert mit einer kleinen Mocca-Bohne. Die gewohnt gute Passform des Glycerin 19 übernimmt sofort die Führung und unsere Füße freuen sich. Die 10mm Sprengung stören nicht wirklich und auch die knapp 290g wirken nach fast 30KM nicht schwer. Das sich der neue Glycerin 19 besonders weich unter der Fußsohle anfühlt, liegt maßgeblich am DNA LOFT Material. Und auch das überarbeitete Obermaterial sorgt noch einmal für das bessere Passformgefühl. Die Passform gefällt uns so gut, dass wir noch eine extra Schleife um die Blöcke in Erfurt Süd drehen. Am Café angekommen, lesen wir leider nur das Schild: „Wir sind ab morgen wieder für Euch da!“. Mit hängenden Köpfen und Tränen in den Augenrändern tauschen wir ein letztes Mal die Schuhe.
Brooks Glycerin 19 GTS
Zurück geht es mit dem neuen Glycerin 19 GTS. Das GTS steht dabei für „Go-To-Support“ – also ein höheres Maß an Unterstützung. Der Glycerin GTS soll langfristig den Brooks Bedlam und Brooks Transcend ablösen. Schon beim Loslaufen merken wir die zusätzliche Unterstützung an der Fußinnenseite und nicht die 300g Gewicht. Ähnlich wie beim alten Bedlam finden sich auch beim neuen Glycerin 19 GTS die Führungsschienen im Innen- und Außenbereich des Fußes. Beim Abrollen würden wir das Gefühl als Hufeiseneinfassung beschreiben und fühlen uns tatsächlich auch wie auf Schienen. Verkehrt machen können wir nichts damit und ehrlich gesagt, freuen sich die Füße am Ende eines langen Testtages auch über ein wenig mehr Stabilität. Einziger Kritikpunkt ist, dass die Farbgebung beim Glycerin 19 und beim Glycerin 19 GTS vollkommen identisch sind.
Fazit des Tages
Die Laufschuhbranche befindet sich momentan im stärksten Wandel der vergangenen Jahre. Es gibt mit NewBalance, Hoka, Saucony und vor allem Brooks nach wie vor Hersteller, denen wir eine uneingeschränkte Passformgarantie aussprechen würden. Auf der anderen Seite beobachten wir sehr genau das Bestreben der Industrie, immer mehr direkt an den Läufer heranzutreten und mit entsprechender Werbung und vor allem einflußreichen Social Media Kanälen ihre Produkte zu bewerben. Wir wollen diesen Weg nicht gehen sondern suchen weiterhin das persönliche Gespräch hier vor Ort. Welche Seele muss der Schuh eigentlich haben, den ich nach einem 8h Arbeitstag im Büro laufen will? Welcher Schuh passt zu mir, wenn ich zweimal pro Woche 5km mit der besten Freundin zum Quatschen durch den Nordpark renne? Warum passen mir eigentlich die Schuhe nicht, die ich im Internet bestelle obwohl ich doch schon immer die eine Größe habe? Um diese Fragen beantworten zu können, bedarf es neben der Erfahrung, künstlicher Intelligenz in der Analyse vor allem viel Zeit und Fingerspitzengefühl. Und wenn uns die inzwischen 12 Monate dauernde Coronazeit eines gelehrt hat – Zeit fürs Laufen um wieder ein Gefühl für Mitmenschen zu bekommen, Stress abzubauen, auf andere Gedanken kommen oder einfach die Schlichtheit des Waldes und der Natur zu erfahren (erlaufen) – diese Zeit haben wir! Nutzen wir sie auch!
Be happy!